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Interview mit Sascha „Zosch“ Müller

Vert Skateboarder gibt es nicht viele auf der Welt. Um ein guter Vertskater zu werden, braucht es Ausdauer, Kraft, Mut und vor allem einen ungebrochenen Enthusiasmus und Spaß. Sascha Müller hat das alles in sich vereint und hat es 2006 auf Platz 12 des World-Cup Vert-Rankings geschafft. Beim Freestyle CH stand er seinen ersten McTwist vor mehreren 10.000 Zuschauern. Er tritt damit in die Fußstapfen von Claus Grabke, Marc Mitzka, Bernt Jahnel, Ingo Fröbrich und Jürgen Horrwath als ein Top-Vert-Skateboarder aus deutschen Landen. Sascha bleibt mental auf dem Boden, beim Skaten ist er jedoch auf dem Weg in die Luft. Mit dem Flugzeug um die Welt und mit seinem Board über den Vertramps.

Grund genug für Sk8Mag.de, ein Interview mit ihm zu halten; per Email im Januar 2007.

Quote Renton Millar: „Sascha is an inspiring person to skate with, always keen and always keen to try something new. Over the time I've skated with Sascha he has never ceased to amaze me with all sorts of crazy tricks that have only ever been mastered by few. As a person he is just as inspiring … always keen to travel and always with a smile. The last few years Sascha's skating has progressed so much, and in turn he has travelled to the max. I enjoy catching up with Sascha in the craziest places, getting drunk and dribbling my very shit German to him!“

Bildnachweis: Die Fotos sind von Gerd Rieger, ausgenommen Bob Burnquists Megarampe (Sascha Müller), Portrait (Bob Joosten), Slop-Air (Piper), Frontside-Air (Hansi Herbig), Heelflip-Indy (unknown), Frontside-Air über die Hip (Rene Rogowski)


Wie alt bist du, seit wann skatest du, seit wann als Pro und welches sind deine Sponsoren?
Ich bin 28 Jahre alt, davon skate ich insgesamt 20 Jahre, Vert 10 Jahre, gesponsort seit ca. 7 oder 8 Jahren und das ganze als Pro seit 6 Jahren. Meine Sponsoren sind Adio Footwear, Quiksilver, TSG, Hessenmob Skateboards, Diem Trucks und Bones Bearings & Wheels
Dein Blog (http://riding-shotgun.de/index2.php) habe ich in den letzten Monaten verfolgt, wie ist so das Leben als Skateboard-Pro? Gefällt es dir immer, und was sind die schönen Seiten und welches die weniger schönen?
Ich könnte mir nicht ernsthaft einen anderen Job oder ein anderes Leben für mich vorstellen! Nach der Schule habe ich versucht, eine normale Laufbahn einzuschlagen, indem ich angefangen habe zu studieren, jedoch kamen die Dinge anders als damals geplant, und nun sitze ich hier und jetzt und bin doch sehr glücklich darüber, wie die Dinge sich in meinem Leben ergeben haben. Wenn sich der eine oder andere Versuch eine „normale“ Laufbahn einzuschlagen erfüllt hätte, würde ich heute vielleicht ein Flugzeug um die Erde fliegen oder wäre Ingenieur in irgendeiner Firma. Neinneinnein, das ist schon alles gut so wie es ist! Was könnte es besseres geben als das Hobby zum Beruf zu machen? Und genau da fängt dann auch der Teil an, wenn es überhaupt einen gibt, der sich als die weniger angenehme Seite meines Jobs erweist. Rechnungen müssen bezahlt werden, essen und schlafen mit einem Dach über dem Kopf ist auch keine schlechte Sache. Skateboardfahren bedeutet einfach nicht mehr, nur noch Spaß haben und draußen mit meinen Freunden skaten gehen, sondern auch einen Haufen Verantwortung. Aber genau hier liegt für mich auch einer der entscheidenden Punkte, das wichtigste an meinem Job ist für mich Spaß zu haben mit dem was ich mache!
Verantwortung deinen Sponsoren gegenüber und den Contests und Demos gegenüber, die du gebucht wirst, ist klar. Siehst du es auch so, dass du eine Verantwortung als Vorbild hast? Zum Beispiel mit Pads und Helm zu skaten? Warum fahren überhaupt so viele Leute ohne Pads in tiefen Pools, Ramps und Parks? Wie siehst du das?
Sicherlich sehe ich mich auch in einer gewissen Verantwortungsrolle und habe auch eine Vorbildfunktion den Kids gegenüber. Generell ist es eigentlich ziemlich schwachsinnig einen Betonbowl zu skaten und dabei nicht wenigstens einen Helm zu tragen! Am Ende muss das aber jeder mit sich selber ausmachen. Über die Frage, warum so viele Leute ohne Pads in Betonbowls etc. fahren, habe ich schon oft nachgedacht und mit anderen geredet, aber einen genauen Grund, warum das so cool ist, da ohne Pads zu fahren, weiß ich immer noch nicht. Ein weiterer Grund für mich, nicht gleich alle Bowls komplett ohne Pads zu fahren, ist auch dass man sich total limitiert. Fahre einen Park ohne Pads für eine Stunde und dann fahre mal den selben Park mit Pads. Da wird der Unterschied schnell deutlich, da geht schon einiges mehr mit Pads … Aber am Ende muss das eben jeder selber wissen, deswegen fahren wir ja Skateboard, mach halt, auf was du Bock hast, und wenn es sich gut anfühlt einen 4 Meter hohen Betonbowl ohne Pads zu fahren, dann mach es!
Du sagst, du skatest erst seit 10 Jahren Vert. Ich hab dich schon Street skaten sehen, kenne dich aber auch als Vertskater im speziellen. Wie kam es zu deiner Vorliebe dazu?
Die Vorliebe zum Vertfahren, bzw. eher allgemein Transitions, kam nicht von den einen auf den anderen Tag. Das war zu der Zeit, als ich damals mehrmals wöchentlich von Frankfurt aus nach Limburg (Colloseum) gefahren bin. Dort stand damals die Minirampe aus dem kurz vorher geschlossenen Park in Mönchengladbach. Damals hatte ich einfach einige Freunde, die mehr Transitions gefahren sind, und somit habe dann auch ich mehr Zeit in der Minirampe als auf der Streetfläche verbracht und nach und nach immer mehr dazu gelernt in der Minirampe. Irgendwann bin ich dann auch den Bowl, den es in Limburg gab, öfters mal gefahren und von dort war es dann kein großer Schritt mehr ins Vertikale. Nach meinem ersten Drop-In war für mich klar, dass ich da etwas gefunden hatte, was mir unglaublich viel Spaß macht, und ich konnte es kaum abwarten das nächste mal wieder Vert zu fahren.
Was ist es für ein Gefühl, 3 Meter über einer Vertramp zu schweben?
Ein Gefühl, bei dem ich oft schon leider zu viel Routine habe! Immer wieder wenn ich mal aus irgendeinem Grund ein paar Wochen nicht fahre, was nicht so oft vorkommt, wenn ich nicht gerade verletzt bin, ist genau das der Augenblick, wo ich wirklich wieder merke, was ich da eigentlich mache … Ich fliege tatsächlich in der Gegend rum! Zu beschreiben geht das nicht wirklich, aber ich kann es nur jedem nahe legen, es mal auszuprobieren.
Warum meinst du fahren so wenig Leute Vert und so viele Street? Hättest du das gerne anders?
Beim Vertfahren kann man halt schlecht seine Baggyjeans und iPod-Ohrhörer tragen. Außerdem muss man sich dann auch noch stinkende Knieschoner und einen Helm anziehen, kurz gesagt, man sieht nicht cool aus … Dass es nicht so viele gibt von uns finde ich schon ganz ok. Wie scheisse wäre es, wenn ich zu irgendeiner Vertrampe kommen würde, und da würde die selbe Menge an Kids fahren, die sich in jedem Skatepark ums Curb tummelt. Die Vertszene ist klein und übersichtlich, man kennt sich auf internationaler Ebene und man ist wie eine große Familie miteinander …
Vor kurzem war ein besonderer Moment in deinem Skateboarderleben: Du hast deinen ersten McTwist gestanden! Erzähl! Wie war das? Wie lange hast du gebraucht bis zum ersten Mal?
10 Jahre Vertfahren, bis zum ersten Mal. Und wenn man es dann genauer nimmt, dann waren es wohl so ca. 4–5 Monate, in denen ich in jeder Session Zeit damit verbracht habe, am McTwist zu arbeiten. Schon vor Jahren in Frankfurt habe ich mal eine ganze Zeit lang 540s versucht, es dann aber irgendwann sein lassen, da das Feeling noch nicht passte. Dann war ich letztes Jahr mit Quiksilver auf Tour, auf der unter anderem der Film über Christian Hosoi Premiere hatte. Eigentlich war das der ausschlaggebende Punkt, an dem ich mich entschloss, diesen Trick noch mal anzugehen. Und dann ein paar Monate später habe ich eigentlich nur auf den richtigen Zeitpunkt gewartet, da ich wusste, dass ich als Motivation diesen Trick zu landen eine Contestsituation oder etwas ähnliches brauche. Freestyle.ch in Zürich, das Finale, da war der richtige Ort, die richtige Stimmung, die richtige Motivation durch die anderen anwesenden Fahrer – einfach die richtige Situation. Ausschlaggebend war dann auch noch Sergie Ventura, der inzwischen mit seinen 37 Jahren ja schon zu den „älteren“ gehört, aber auch erst vor kurzem McTwists gelernt hat. Er gab mir einfach die richtigen Tipps und war in diesem Moment die richtige Motivation. Und wie der Augenblick dann wirklich für mich war, lässt sich für mich nicht wirklich in Worte fassen. So viel Zeit, so viele Bails und Slams kassiert, so eine Überwindung einen Trick zu stehen und es dann zu schaffen, einen Trick der ein Meilenstein ist wie kein anderer, egal ob im Streetskaten oder im Vertskaten … schwer zu beschreiben.
Du bist sehr viel unterwegs auf der ganzen Welt. Wo gefällt es dir am besten, jetzt nicht nur skateboardtechnisch, sondern allgemein.
Dass ich durch meinen Job schon einen Menge Orte dieser Welt gesehen habe, ist wohl wahr, aber gleichzeitig kommt es einem auch so vor, dass umso mehr man reist und von der Welt sieht, desto weniger hat man eigentlich von der Welt im gesamten gesehen, da man immer mehr ein Gefühl dafür bekommt wie groß unsere Welt eigentlich ist. Von den Orten die ich bisher bereist habe, wäre zum Leben auf jeden Fall Australien, wo ich ja auch normalerweise meine Winter verbringe, mein Favorit. Zum Urlauben und Skaten sieht die Sache dann wieder anders aus, aber darauf bezog sich die Frage ja auch nicht …
Wie wichtig sind Contestergebnisse für dich persönlich?
Einerseits sind sie für mich sehr wichtig, da sich Sponsoren einfach immer darüber freuen, wenn man gute Ergebnisse bekommt, andererseits für mich persönlich aber eher weniger. Klar ist es eine schöne Bestätigung, einen Contest zu gewinnen, oder auf den vorderen Plätzen zu landen, gleichzeitig sind Contests aber auch fast immer Stresssituationen, wo der Spaß oft auf der Strecke bleibt. Das aber natürlich auch nur davon abhängig mit welcher Erwartung man von Anfang an einen Contest angeht.
Beschreibe eine perfekte Session in einem perfekten Park für dich. Wie muss das aussehen, wer muss dabei sein, wie muss der Park aussehen?
Bei der perfekten Session ist es mir fast egal wo ich bin. Natürlich ist es immer super, wenn diese dann auch noch auf einer Vertrampe stattfindet, wo ich mich mit meinem Skaten einfach am wohlsten fühle, aber eigentlich ist es nur wichtig, dass die richtigen Leute mit dabei sind, und die Stimmung gut ist. Jetzt hier eine Liste mit Namen zu nennen, wäre eigentlich nicht fair, da es wirklich eine Menge Leute gibt, mit denen ich sehr gerne zusammen skaten gehe und ich mit Sicherheit jemanden vergessen würde. Außerdem trägt dann jeder auf seine Art und Weise zur Session bei, aufgrund der Persönlichkeit und des Skatens. Manche sind halt einfach optimale „Trainingspartner“, manch anderer ist perfekt um einfach eine Session zu haben, damit die Stimmung allgemein stimmt. Dann gibt es wieder andere, die auf eine ganz andere Art als Motivation wirken können.
Was ist das Härteste, was du je auf einer Vertramp gesehen hast?
Ich glaube zu den härtesten Sachen gehört die Session damals in Encinitas, Californien, mit Kevin Staab, Tony Hawk, seinem Fotographen und mir. Das war, bevor Tony seinen ersten 900 gestanden hat, aber gerade einige Leute (Tas Pappas, Sluggo) drauf und dran waren, ihn zu landen und fast ein Wettrennen im Gange war, wer ihn zuerst steht. Natürlich, nach Kalifornier-Art, immer alle in ihrer eigenen Session und niemals mit dem anderen zusammen. Und eben weil dieser Druck da war, dass mehrere Leute gleichzeitig das Ziel hatten, den Trick zuerst zu stehen, war die Stimmung gespannt. Ich hatte damals das Glück, dieser Session beiwohnen zu können, alleine aus dem Grund, weil ich damals schon ganz gut mit Kevin Staab befreundet war, und dieser wiederum Tonys bester Freund ist. Offensichtlich schaffte Tony es erst einige Monate später, den Trick das erste Mal zu stehen, aber für mich war das damals ein sehr beeindruckender Moment: Zu sehen, mit welchem Ehrgeiz, auch aufgrund der Konkurrenzsituation mit Tas und Sluggo, Tony sich hier in diesen Trick verbiss und einen Slam nach dem anderen kassierte, so dass er am Ende des Tages kaum noch laufen konnte. Dazu muss man vielleicht noch wissen, das war damals mein erster Amerikabesuch zum Skaten, und ich war sozusagen noch total unerfahren und hatte dort meine ersten Sessions mit den Pros, die ich bis dato nur aus Videos und Magazinen kannte …
Wie ist es auf Bob Burnquists Megaramp zu stehen? Du bist nicht gesprungen oder? Warum nicht? (blöde Frage ich weiss)
Hier möchte ich gerne auf einen Artikel verweisen den ich gerade für's Boardstein geschrieben habe, der mit Fotos und ausführlicher Schilderung, wie genau das war dort auf Bobs Megarampe zu sein, hoffentlich so im März rauskommen wird …
Wer hat dein Skateboardleben beeinflusst?
Da gab, und gibt es einige, die mich beeinflusst haben, oder immer noch inspirieren. Ganz klar waren es früher erstmal fast alle die bekannten Vertfahrer wie Rune Glifberg, Bob Burnquist, Danny Way, Tony Hawk – mit vielen dieser Leute fahre ich heute inzwischen zusammen Sessions und bekomme dadurch immer wieder eine Menge Motivation. Ansonsten natürlich auch hier zuhause Leute wie Jürgen oder Anders. Auch da hat mich wieder jeder auf seine eigene Art und Weise beeinflusst. Die Frage könnte ich nicht an einer Person festmachen.
Hast du noch Kontakt zur alten Frankfurt-Crew? Keller, Cop, Beck usw.?
Klar habe ich noch Kontakt zu der Crew aus Frankfurt. Die Jungs kommen regelmäßig zu uns hoch nach Unna, um mal eine Session zu fahren. Da kommt es nicht selten vor, dass da am Wochenende mal 3 Autos unterwegs nach Unna sind für eine gepflegte Session miteinander. Und wenn die nicht zu uns kommen, dann ist es eben andersrum … dann bin ich ja auch noch oft in der Heimat und gehe dann mit den Jungs dort in Frankfurt in Fechenheim eine Runde skaten. Zur Zeit wird ja auch gerade die neue Halle in Mainz eröffnet, allerdings gibt's da nicht mal eine kleine Minirampe drinnen, was ich persönlich ganz schön schade und einseitig geplant finde.
Das heißt, ihr habt eine eigene Halfpipe? Genial! Wie kam es dazu?
Nachdem die Rampe in Münster abgerissen wurde, war ja klar, dass irgendwie etwas passieren musste, denn immerhin bin ich ja eigentlich nach Münster gezogen, weil damals in Frankfurt meine Localrampe abgerissen wurde. Das zog sich eine ganze Weile hin, in der wir gar keine Rampe hatten, und alle Versuche mit dem örtlichen Verein zur Förderung der Jugendkultur, C.O.S., etwas auf die Beine zu stellen, verliefen sich im Sande. Dann gab es, nach dem Mastership 2005, die Möglichkeit die Worldcuprampe für einen guten Kurs zu bekommen. So hat Adio die dann mal eben für 2000.- € gekauft, inklusive Transport!!! Danach wurde sie dann erstmal in Unna, wo Volker Petersen auch seine Minirampe stehen hat, in der Halle gelagert. Und als die Rampe dann erstmal dort war, wurde einfach der nötige Platz in der Halle angemietet und dort steht sie nun seit 1,5 Jahren aufgebaut, als ob die Halle für diese Rampe gemacht wäre …
Was tust du außerhalb Skateboarding? Hast du Familie, Kinder?
Außerhalb von Skateboarding habe ich noch meine Band Pornbeat (www.pornbeat.net), mit der wir auch gerade wieder im Studio waren, und ein paar neue Songs aufgenommen haben. Davon sollte es auch bald die eine oder andere Hörprobe auf der Website geben. Ansonsten, wenn ich nicht gerade irgendwohin unterwegs bin, dann genieße ich es, zuhause sein zu können und Zeit mit meiner Freundin verbringen zu können.
Was zum Abschluß?
Dann noch natürlich ein dickes Dankeschön an meine Freundin, die kein einfaches Los mit mir und meinem Job gezogen hat, meine Familie, meine Freunde, ihr wisst wer ihr seid … Und natürlich an meine Sponsoren: Hessenmob, Quiksilver, TSG, Adio, Bones Bearings, Bones Wheels, Diem Trucks.
Vielen Dank für deine Zeit, Sascha
Chris Eggers für Sk8Mag.de